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#55 Sabrina liebt den FC Bayern

Lieber Jay-Jay,

mein Name ist Sabrina, wobei ich die Kurzform „Sabi“ bevorzuge, ich bin 27 Jahre alt und komme aus Hessen, genauer gesagt aus Frankfurt am Main. Ich habe über die Plattform Twitter mehr oder weniger schon ein bisschen mitbekommen, über das, was dein Papsi hier für dich schreibt und tut (was ich übrigens toll finde), aber mich in all das eingelesen, habe ich mich erst heute in einer etwas trostlosen Mittagspause, so allein im Büro.

Gerne würde ich dieses Projekt hier ‚unterstützen‘, indem ich meinen Teil dazu beitrage. Leider fehlt mir etwas die Gabe, die dein Papsi und Fans anderer Vereine hier an den Tag legen (Chapeau!), was dazu führt, dass ich nicht weiß, ob diese Zeilen jemals überhaupt jemand lesen wird, aber ich versuche es einfach einmal …

Mein Verein ist der FC Bayern München – ungefähr seit knapp 20 Jahren. Damals, in den Kinderschuhen, habe ich das zwar alles anders wahr genommen als heute, aber der Klub blieb (und bleibt) immer derselbe.

Mein Vater brachte mich auf diesen Verein und auch wenn meine Erinnerungen an ihn eher nicht gut sind: das er mich mit dem FCB „bekannt“ machte, finde ich bis heute ausgesprochen toll. Da die Geschichte wie ich Fan wurde damit eigentlich schon erzählt ist, würde ich gerne weiter aus einem etwas anderen Blickwinkel berichten …

Die Idee dafür und das Projekt an sich hier, finde ich sehr gelungen. Und auch dein Ansatz mit verschiedenen Vereinen gefällt mir. Und ich halte diesen – entgegen vieler anderer Meinungen – auch für realistisch und umsetzbar. Der FC Bayern ist mein absolutes „Muss“ und höher geht es nicht, aber dennoch gibt es auch andere Teams, denen ich (außer eben gegen meine Bayern) die Daumen drücke und deren Ergebnisse ich wesentlich verfolge bzw. auch Spiele besuche. Das sind der FC St. Pauli (bei mir war es schon vorher, aber spätestens einmal am Millerntor und du kommst von diesem Kult und der Faszination mit diesen unglaublich tollen Fans nicht mehr weg) und der FSV Frankfurt. Letzteres möge man Lokalpatriotismus nennen, da ich mit der Eintracht nichts anfangen kann, aber gerade im Vergleich zum „großen Bruder“, der SGE, hat der FSV eher bescheidene Mittel und hält sich damit seit Jahren (wider Erwarten) eindrucksvoll in Liga 2, was man durchaus als Erfolg bewerten kann. Aktuell sieht es zwar nicht allzu rosig aus, aber das wird schon.

Verschiedene Sympathien für diverse Mannschaften kenne ich auch aus meiner Familie. Mein Bruder ist da ein Paradebeispiel: er war früher immer „für die, die gewinnen“ und da kamen dann teilweise so „kuriose“ Dinge wie der VFB Stuttgart oder Juventus Turin zum Vorschein. Mittlerweile ist auch er reifer geworden und das genaue Gegenteil vom „Siegertyp“. Er hat gelernt (lernen müssen), dass Niederlagen dazu gehören und die erlebt er seit einiger Zeit sehr ausgiebig und intensiv. Aber ist ja auch aktuell kein einfaches Pflaster als Fan des Hamburger SV.

Unsere kleine (Stief-)Schwester macht es sich dabei schon (unbewusst) ‚leichter‘. Für sie heißt es – unabhängig vom eigentlichen Ergebnis – nur „HSV gewonne, Bayern buh“. Ich kann dir nicht sagen, welche dieser beiden „Erkenntnisse“ mich mehr trifft, aber wenn sie das sagt, erfreut sie sich auch daran und dann kann ich damit sicherlich umgehen. Sie hat auch einen Ausweis wie du. Durch das sogenannte Down-Syndrom bekommt sie nicht alles so mit, wie ihre Mitmenschen und manche würden sagen „sie ist nicht ganz auf der Höhe“.
Aber ich entgegne: sie mag anders sein, aber sie ist großartig. Und einige Wesenszüge weichen von denen der „normalen“ Jugendlichen auch nicht ab. So kann sie (seit Kurzem 14 Jahre jung) kann zicken, wie andere Jugendliche auch. Manchmal sogar vielleicht etwas „besser“. Und der HSV gibt ihr viel. Irgendwie. Ich würde auch gerne einmal mit ihr ins Stadion, aber ich habe mich bisher nicht getraut. Ich glaube nicht, dass sie für 90 Minuten still sitzen könnte, um zu sehen, wie 22 Männer einem einzigen Ball hinterher rennen. Und dann all die Menschen dort. Aber danke für eure Eindrücke hier. Vielleicht helfen diese mir ja auf die Sprünge und wir wagen es eines Tages doch…

Okay, zurück zur Familie und einer weiteren Argumentation dafür, dass du (er möge es mir verzeihen), nicht unbedingt den identischen Herzensverein (wenn es am Ende denn überhaupt einer wird…) wählen musst, wie dein Papsi.

Meine große Schwester hält es mit dem Hauptstadtklub Hertha BSC Berlin. Sie wurde damals Fan auf Grund eines Spielers. Einfache Geschichte. Auch wenn ich dir nicht genau sagen kann, ob es damals an dem unfassbaren Talent und Spielwitz lag, der sie begeistert hat oder einfach nur daran, dass er (bestimmt) „total süß aussieht“. Aber auch wenn besagter Spieler nun auf die 40 zugeht und (seit längerem) nicht mehr selbst aktiv ist, bei Hertha blieb meine Schwester bis heute. Willst du wissen, wer „Schuld“ daran hat? Dann kannst du deinen Papsi ja mal fragen, ob er Ante Covic noch kennt.

Viele verschiedene Ansichten prägen also das Familienbild. Und auch kleine Häme untereinander muss man bei Niederlagen vertragen. Aber das allerwichtigste dabei ist uns allen immer bewusst: am Ende geht es um den Fussball, den wir zwar alle lieben, aber sportlich fair muss es bleiben. Und der Sport ist zwar allgegenwärtig, aber was bringt ein Sieg, wenn man die Familie nicht hat?

Ich wünsche dir und deinem Papsi weiterhin eine tolle, aufregende Reise und Zeit in all den Stadien und selbst wenn du am Ende ohne „DEN“ Klub dastehen solltest, so nimmt dir eure Erlebnisse niemand mehr und das sollte dich erfüllen – mit welchen Gefühlen entscheidest du!

Alles Gute,

Sabi

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