fbpx

Wochenendrebellen

Groundhopping | Autismus | Wissenschaft | Podcast | Weltverbesserung

#7 Stefan liebt Borussia Dortmund

JayJay,

Ich bin aufgeregt. Weil dein Papa mich gezwungen hat dir zu schreiben. Über meinen Verein.

Ich mache das für meinen Verein und für dich, ohne dich zu kennen. Deinen Papa kenne ich. Und was ihr beide macht, empfinde ich als einen der wunderbarsten Väter-und-Söhne Moment, von dem ich gehört habe. Ich hatte auch viele grandiose Momente mit meinem Papa, nur nicht beim Fussball.

Ich bin Stefan, 40 Jahre, aus Berlin, jetzt in München. Schwarz-gelb seit 1982.

Vermittelt wohl über den Vater, der aus Dortmund kommt. Nie in Dortmund gelebt, musste ich mich an Hertha und neuerdings dem FCB abarbeiten. Nachdem das Fansein eine Zeitlang nebenbei lief, wie wohl bei vielen 10jährigen Jungs, kam es dann zur Gefühlsexplosion beim Pokalfinale 1989. Zwei Worte: Norbert Dickel. Und ich als 16jähriger neben meinem Vater im Olympiastadion, den ich wohl überredet hatte, mitzugehen. Ich hatte vergessen, dass mein Vater gar nicht wusste, dass ich rauche und habe mir in verzückter Selbstauflösung eine Kippe nach der anderen angesteckt. Heute behauptet mein Vater von ihm hätte ich es mit Sicherheit nicht, dass ich mich nahezu jederzeit mit Begeisterung über Fussball im allgemeinen und den BVB im Besonderen austauschen kann. Vereinsmitglied seit 1997. Fanclubmitglied seit 2010 (Münchener Borussen).

Meine grössten Momente mit meinem Club:

  • Jürgen Wegmann 1986 in der Nachspielzeit. Ohne ihn würden wir heute vielleicht gegen Lotte spielen.
  • 1995 Meisterschaft. Das ist schon wirklich, wirklich toll, wenn der Lieblingsclub Meister wird.
  • Lars Ricken aus 30m. Dein Papa soll dir mal ein Video zeigen.
  • Jürgen Kohler gegen Manchester United auf der Torlinie, sich in Schüsse werfend. Für das Team, für die Mission. Fussballgott.
  • Julio Cesar. Der Oso Negro, der schwarze Bär. Weil er der Grösste war.
  • Jedes Familienfest bei der Familie meiner Frau. Ihre Cousine, Nichte (ich weiss es nie genau, da Familienverhältnisse unglaublich kompliziert sind für mich), diese Frau also ist mit René Tretschok verheiratet. Und René trinkt mit mir ein Bier und isst ne Wurst und erzählt vom Championsleague Sieg 1997.

 

Wenn du heute vielleicht die Vorstellung hast, der BVB sei ein ungemein erfolgreicher Verein, dann ist das richtig für die letzten 3 Jahre. Davor hatten wir auch finstere Zeiten. Wir waren fast pleite, weil die Chefs im Verein meinten, sie müssten auch so tolle Sachen haben wie die Roten in München. Nur war unser Sparschwein fast leer und wir haben uns Geld von Anderen geliehen und gesagt: „Kriegt ihr zurück, wenn wir alles gewonnen haben!“ Es ging noch einmal gut, aber diese Momente in 2004, als eine Pleite tatsächlich möglich wurde und ein Zwangsabstieg denkbar, die waren gruselig. Im Rückblick hätte uns die Liga wohl eher nicht ganz kaputtgehen lassen, aber das hat 2004 keinen beruhigt, jedenfalls mich nicht.

Aber zum Erfolg: Wir haben den ersten Europapokal geholt (nicht die Bayern) und wir haben als erster deutscher Club die Championsleague gewonnen (nicht die Bayern). Das ist wichtig.

Ich fahre sehr gerne mit dem Fanclub zum Stadion, inklusive Bier, Hüpfen in der U-Bahn und Sprechchören. Im Stadion aber sitze ich gerne konzentriert auf meinem Platz und freue mich wenn der Bierverkäufer an den Platz kommt. Ich mache auch keine 17stündigen Auswärtsfahrten nach Hamburg im Bus. Ich bin alt und habe das Geld. Ich sei ein Schönwetterfan ruft mir da der Fannachwuchs schon mal zu. Ich antworte dann ich hätte schon 1986 im Regen gestanden! Mit 400 anderen Leuten am Freitag abend!! Und nachts um Karten für die Relegation gegen Fortuna Köln angestanden!!! Habe ich natürlich nicht. Aber eine solche Ansage eignet sich als Einstieg in eine Diskussion mit den 20jährigen Hardcore Allesfahrern, denen man dann doch klarmachen kann, dass man vielleicht ein Schönwetterfan, aber kein Erfolgsfan ist. Ich liebe meinen Verein. Auf meinem Sitzplatz im Trockenen. Und vorm Fernseher.

Und der S04? Unser grosser Konkurrent, weniger sportlich als vielmehr emotional. Die Spiele gegeneinander sind intensiv, sehr intensiv. Die Leute hauen sich da gerne ein bißchen und hassen die Anderen mit Inbrunst. Ich nicht. Denn wie geil ist es bitte, dass der direkte Konkurrent um die Ecke sitzt, man in einer Liga spielt und der S04 immer nur ein bißchen schlechter abschneidet als wir. Frag mal bei 1860 nach, ob sie die Roten nicht eigentlich vermissen. Beide Vereine ziehen riesige Mengen an Fans an und mobilisieren bundesweit Emotionen. Die und wir kommen aus dem Ruhrpott, und wir können uns damit mit Alleinstellungsmerkmal von den anderen grossen Vereinen abgrenzen – das ist so eine regionale Sache. Ruhrpottkanacken halt. Ich würde keine Sekunde jubeln, stiege Schalke ab. Ich fände das Scheisse. Ich will das Derby und ich will die Rivalität. Und ich habe auch 2001 nicht gelacht. Ich hätte damals nicht königsblau tragen wollen, diese Enttäuschung muss unfassbar gewesen sein. Ich meine, wer ist denn statt S04 Meister geworden – der FCB.

Und das ist wirklich besser?

Erzähl mir doch keinen Mist.

Nur der BVB

Stefan

Vielen Dank! (Und ja, zwischen uns das ist was ganz Großes.#EchteLiebe)
Stefan ist auf Twitter hier zu finden.
Was es mit diesem Brief auf sich hat, warum du auch einen schreiben darfst musst und wer dieser Jay-Jay ist erfährt man hier.
Show More

2 Comments

  • xxlhonk

    Das. ist. Wie. immer. stark. Sehr stark.
    Diese ganze Mission, dass was ihr hier alle veranstaltet. Wenn es eine Wahl zum Welt-Fußball-Blog geben und ich daran teilnehmen dürfte: Meine Stimme hättet ihr.
    Das ist riesig. immer und immer wieder. Woche für Woche.
    Club für Club, Spiel für Spiel.
    Hammer.

    Antworten
  • Jana Miglitsch (@JanaMiglitsch)

    Überlegte kurz, Stefan zu entfolgen. Nach der Erwähnung des Pokalendspiels ’89. Aber nein, ich bin drüber hinweg. Ja, wirklich! Also fast…

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert