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Hertha BSC

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Hertha BSC – Schalke 04, 02.11.2013

„Würdest Du Deinen Kopf dahin legen wollen, wo fremde Menschen ihren Hintern hatten?“ Der Sohn fragte mich manchmal Sachen, über die ich nicht nachdenken möchte. So logisch die Begründung auch klang, sich nicht liegend auf den ICE Sitzen auszuruhen, so unlogisch erschien es den anderen Passagieren des ICE 1677 von Berlin Richtung Karlsruhe dann doch, dass er es vorzog, es sich in der Gepäckablage gemütlich zu machen.

Wie auch immer. Sein Schlaf ermöglicht es mir, vielleicht ein paar Zeilen zu verlieren über die vielen Geschehnisse der letzten Tage und unseren Ausflug zur alten Dame Hertha ins Berliner Olympiastadion.

Kurz nach Ankunft in Mainz erfuhren wir vom 1:6 der Fortuna aus Düsseldorf, was den Sohn zu der Frage brachte ob Kurzbierdorf* (*setzen Sie hier heute und ggf. auch zukünftig einen beliebigen Verein der untersten Kreisklasse Ihres Umfelds ein) wohl eine Chance gegen die Düsseldorfer Fortuna hätte. Nun gut, ich gab auf, und schilderte ihm, dass es in der Kreisliga C so richtig grottigen Fußball zu sehen gäbe, was ihn wiederum reizte, es selbst zu erleben, mit der Bedingung, es müsse der schlechteste Fußball sein, den man aktuell schauen kann.

Es war der Moment, wo mir der folgenschwere Fehler unterlief und ich Jay-Jay mitteilte, dass er dies nur von einem Team sehen konnte in dem Papsi selbst zum Einsatz kommt. Nur Millisekunden und einen kurzen Blick in zwei hell aufblitzende Augen später war ich mir der fatalen Aussage bewusst. Der Ausflug nach München zu den Bayern Amateuren wurde abgesagt und einen Telefonanruf später stand mein Comeback im Reserveteam meines Heimatvereins für den Folgetag fest. Kreisklasse. Letzter gegen Vorletzten. Seit Jahren ohne Training. Regen. Tiefer Platz. Dreck im Gesicht. Ich mag ja Kampf-Fußball. Das, was wir in Deutschland „englisch“ nennen…

Huch. Wie bekloppt. Wer ist nur in mich gefahren?

Sohn erwartete das rauschende Fest, und er bekam es. Wir verloren 1:3, Papsi war an mindestens zwei Toren beteiligt und hatte außer einigen borowkaesken Grätschen und hulkhoganesken Ringereinlagen nicht sonderlich viel zu vermelden. Um meine volle konditionelle Stärke ausspielen zu können, wurde ich Mitte der zweiten Halbzeit auf die reaktivierte Liberoposition versetzt, wo es mir gelang, die mühsam gestellte Abseitsfalle meiner Mitstreiter in ca. 90 % der Fälle gekonnt aufzuheben. Aber o.k., insgesamt war es kein berauschendes Spiel, und meine körperliche Verfassung erinnerte mich sehr stark an meine hochmotivierten Neujahrs-Lauferlebnisse, die am zweiten Tag eines JAhres immer ihr jähes Ende finden.

Ich hätte aber auch misstrauisch werden können, als unser Keeper kein Torwarttrikot hatte und kurz vor Spielbeginn immer noch nicht klar war, wer kommt eigentlich noch, um zu spielen, und bringt dann vielleicht auch die noch fehlenden Stutzen mit?

Sohnemann hatte es sich während des Spiels am Spielfeldrand mit einem Notizbuch gemütlich gemacht, da er zu diesem Ausflug einen Blogpost schreiben wollte. Das Schreiben scheint ihm Spaß zu machen. Ein Berlintrip mit An- und Abreise an einem Tag ist nicht nur auf Grund der verlängerten Strecke durch die Hochwasserschäden unlustig. Uns erwarteten insgesamt ca. zehn Stunden Bahnfahrt und das nach nicht einmal sechs Stunden Schlaf.   „Warum fährt der nicht so wie Du mit dem Zug immer hoch und runter, Papsi?“ Fragen über Fragen. Gepolsterte Sitze! Man arbeitete hier mit allen Tricks. Die Wochenendsnobs waren schwer beeindruckt.

Bester Blick und unmittelbarer Einblick in den Spielertunnel und auf die Trainerbänke versprachen einen  beeindruckenden Tag, der für die Hertha neben der Niederlage gegen Schalke aber zusätzlich das Problem mitbrachte, dass in unserem Bereich das dicke Maskottchen omnipräsent unterwegs war und man zunächst auf den Einsatz von Ronny verzichtete, der es dem Sohn scheinbar angetan hatte. Das dürfte zumindest Abzüge in der B-Note bei der Wahl des Sohns geben. Die Berliner Hertha verstörte uns ein wenig.

Die deutliche Platzierung des Schriftzugs:

„Für Toleranz – gegen Rassismus“,

gefiel, sollte in jedem Stadion zur Grundausstattung gehören und wenn der nach außen gezeigten Kommunikation aus dem Inneren heraus die gleiche Haltung vorgelebt wird, wären wir schon ein Schrittchen weiter.  Andererseits ärgerte mich der Praktikant der Marketingabteilung der Berliner Volksbank, dem der Slogan für das Sponsoring der gelben Karte einfiel. „Die einzige Karte, die jeder gerne bekommt – Bankcard Volksbank Berlin“ Was kommt als nächstes?

Der Joghurt mit der Ecke präsentiert Ihnen das Eckballverhältnis?Foulspiele sponsored by Aufsichtsrat des FC Bayern München?Auswechslungen, die präsentiert werden vom ortsansässigen Swinger Club ? Das Endergebnis des nächsten Spiels wird Ihnen präsentiert von Café King? Zwischenständer aus anderen Stadien unterstützt von Pfizer?

Zwei lautstarke Kurven, denen beiden zu mindestens fünfundsiebzig Prozent nicht mehr klar war, warum sie sich hassen sollten, erzeugten eine durchaus eindrucksvolle Stimmung, und wenn dem Sohnemann nicht in der Halbzeit eingefallen wäre, dass er so dringend pinkeln muss, dass er gleich in die Hose macht, wäre es vermutlich ein sehr entspannter Nachmittag gewesen. Mario Barth war auch im Stadion. Kennste? Kennste? Kennste? Er wurde zum Hertha BSC Ehrenmitglied ernannt.

Ich schöme mich normalerweise nicht dafür mich darüber zu beustigen, , leider trifft es meine Fortuna mit Dieter „Ich mache gerne Autisten-Witze“ Nuhr als Edelfan auch nicht unheftiger und daher halte ich zum Thema Mario Barth lieber meine Schnauze und wir wenden uns Halbzeit zwei zu.

Der Sohn konzentrierte sich auf die Beobachtung von Max Meyer, der es ihm altersbedingt angetan hatte, während ich mich an einer „Jürgen-Kohler-Gedächtnis-Grätsche“ von Benedikt Höwedes, irgendwann um die 60. Minute, erfreuen konnte. „Und das mein Sohn, das ist van den Bergh. Ein Ex-Fortune.“ „Der ist nicht schlecht. Den hätten sie behalten sollen.“

„Wo die Greenpeace-Fische jetzt wohl sind?“ Die Greenpeace Fische sind mein Joker. Es handelte sich um eine Kids-Aktion auf der Internetseite von Greenpeace-Kids. Man konnte Fische anmalen, und sie mit einem Slogan gegen Überfischung demonstrierend ins virtuelle Meer entlassen, wo man sie dann auch Tage später noch besuchen konnte. Der Sohn fragt sich oft, wo die jetzt wohl gerade rumschwimmen.

Er hat das Ding mit dem Internet noch nicht so ganz begriffen und ist manchmal erstaunt, dass Opa die gleichen Youtube-Videos in seinem Internet hat wie der Papa. Die Frage nach dem Verbleib der Greenpeace-Fische erdet ihn und hilft mir dabei ihm sein Maul zu stopfen, wenn er sich wieder über die Fortuna lustig macht ihm, sich im Falle einer Reizüberflutung auf einen Gedanken zu fixieren.

Zur 85. Minute platzierten wir uns dann zum sechsten Male neu. Das Spiel war nicht vollständig ausverkauft und bot uns so diverse, unterschiedliche Blickwinkel. Zum Abschluss wählten wir den Blickwinkel des Stehplatzes direkt am Mundloch, um von da dann den Spurt zur S-Bahn zu absolvieren damit wir den letzten ICE Richtung Heimat erreichten. 

 

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3 Comments

  • Kiezkicker
    Kiezkicker

    Achso, DEM Gepäckfach, ich dachte dem ganz oben unterhalb der Decke. Das habe ich mal probiert, als ich so 16 oder so war, und als wenig angenehm empfunden, weil da die ganzen schwitzigen Wärmedürfte umher waberten, aber so auf halber Höhe muss doch eigentlich ganz angenehm sein. Jedenfalls, so lange man so klein, äh, so groß wie Jay-Jay ist.
    Und hoffentlich klicken alle den Link an, wo du über die Huren schreibst, ansonsten könnte man ja direkt beim Lesen denken, beim FCSP bräuchte man grundsätzlich Desinfektionstücher. Dem ist nicht so, das ist lediglich der Fall, wenn man im Pinkelcontainer umherkrabbelt… :o)

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  • christophdmaier

    Die Antwort von Jay-Jay hat mich sehr gefreut, und ich denke, dass auch Herr Kamke ein Lächeln auf dem Gesicht kriegt, wenn er sie liest (oder hatte, als er sie gelesen hat). Noch einmal vielen Dank dafür, Jay-Jay!

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  • heinzkamke

    Was bin ich angefasst ob diese Dropbox-Links. (Verzeihung, selbstreferenzieller Kommentar.)

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